🎤 Interview: Katharina Kleinknecht

Interview: Katharina Kleinknecht

“Die Ganzheitlichkeit im Blick”

Frau Kleinknecht, Sie besitzen langjährige Erfahrung als Yogalehrerin und als Yogaausbilderin. Warum ist es sinnvoll Yoga zu machen?

Es gibt sehr viele verschiedene Gründe, Yoga zu machen. Es kann um Kraft und Flexibilität gehen oder um mehr Ruhe und Gelassenheit zu finden, aber auch um Konzentration wie auch darum, Schmerzen zu verringern. Jeder Mensch hat andere und individuelle Gründe, mit Yoga anzufangen. Es ist in meinen Augen immer sinnvoll sich auf den Weg zu machen um etwas für sich zu tun, Yoga als „ganzheitliches System“ ist eine der Möglichkeiten.

Welche Form des Yoga praktizieren und lehren Sie?

Ich übe und lehre Hatha oder Raja Yoga in der Tradition von Krishnamacharya, T.K.V. Desikachar und R. Sriram. Ich bin seit 20 Jahren Schülerin im „Einzelunterricht“ und unterrichte auch sehr viele Schüler im „individuellen Unterricht“. Auf diese Art kann die Einzigartigkeit des Menschen berücksichtigt werden und auf die persönlichen Anliegen oder Störungen eingegangen werden.

Yoga gilt als Lebensphilosophie. Wie kann man diese Philosophie beschreiben? Wie kann sie Menschen im Alltag helfen?

Ja das ist richtig: Yoga ist eine Lebensphilosophie. Es geht darum im ganzheitlichen Sinn besser den Anforderungen des Alltags gewachsen zu sein. Ganzheitlich meint, dass es sowohl um den Körper, den Atem oder den Geist geht. Wie atme ich, was für Gedanken mache ich mir, wie bewege ich mich – alles spielt eine Rolle. Es gilt zu erkennen, was uns Leid im Leben bringt und darum, dieses zu verringern. Wenn wir so üben, dass wir unsere Einzigartigkeit, unsere Voraussetzungen berücksichtigen und dabei passenden Anweisungen folgen kann es durchaus sein, dass wir uns im Alltag sowohl körperlich als auch geistig besser fühlen, besser konzentrieren können, einen klareren Blick bekommen für das was uns gut tut und was nicht. Das soll hier nur ein Beispiel sein.

Was erfahren die Teilnehmer Ihrer Kurse beim Yoga?

Da gibt es sicher Unterschiede. Einige haben weniger oder gar keine Rückenschmerzen mehr. Andere können besser schlafen, wieder andere entwickeln einen besseren Atem. Sie können länger im „Nichts Tun“ verweilen, werden achtsamer für sich selbst und gegenüber Mitmenschen, empfinden mehr Freude und weniger Ängste. Manche berichten von mehr Vertrauen im Leben. Andere finden zu ihrem Glauben zurück. Ich könnte noch viel mehr schildern, aber sie sehen schon, die Palette ist groß.

Jeder Mensch ist anders. Für wen eignet sich Yoga besonders?

Das stimmt, jeder Mensch ist einzigartig. Yoga richtet und eignet sich an und für jeden. Es muss nur die passende Form gefunden werden denn Yoga ist nicht gleich Yoga. Es gibt keine Ausnahme. In unserer Tradition ist es üblich, das Yoga an den Menschen anzupassen und nicht den Menschen an das Yoga. Ich arbeite zum Beispiel sehr viel mit älteren Menschen. Es gibt immer wieder die Möglichkeit eine Übung so anzupassen, dass diese demjenigen möglich wird. Das nennen wir „Angewandtes Yoga“.

Kann Yoga auch eine gesundheitsfördernde bzw. therapeutische Wirkung haben?

Ja das ist so. Wenn wir die passenden Übungen finden um jemandem zu helfen, weniger körperliche oder seelische Schmerzen zu haben, dann kann man schon von therapeutischen Wirkungen sprechen. Aber wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass Yoga ursprünglich für den Geist gedacht war und heute auch noch so gelehrt werden sollte. Es ist ein spiritueller Weg, der den gesamten Menschen im Auge hat. Gesundheitsfördernd in einem allumfassenden Sinn würde ich sagen. Ein passender Lehrer ist für diesen Weg auch nötig denn wenn es um Heilung gehen soll dann ist die Beziehung, die wir zum Lehrer oder Therapeuten haben, von großer Bedeutung.

Wie schätzen Sie Yoga für Kinder ein?

Ich schätze, dass Yoga für Kinder sehr gut sein kann besonders wenn sie nicht dazu gezwungen werden und es in einem spielerischen Kontext gehalten wird. Ich habe früher Kinder Yoga gegeben, dabei aber beobachtet, dass oft die Eltern die Vorstellung hatten, dass Yoga gut sei. Die Motivation kam nicht von den Kindern. Aber ab einem bestimmten Alter können Kinder alles vom Yoga lernen: Asana, Pranayama, Konzentration, Mantra, die ganze Palette. Das stärkt sie für das Leben.